Arbeit und Muße

"Die meisten Dinge, die von den Menschen verrichtet werden müssen, sind an sich nicht reizvoll, allein auch eine solche Arbeit hat gewisse große Vorzüge. Zunächst einmal füllt sie viele Stunden des Tages aus, ohne dass man sich den Kopf über ihre Verwendung zerbrechen müßte. Die meisten Leute wissen nämlich, sobald die Zeiteinteilung ihrem freien Ermessen überlassen ist, nicht recht, wie sie sich angenehm beschäftigen sollen. Was sie auch beginnen, immer stört sie der Gedanke, dass irgend etwas anderes gewiss noch angenehmer wäre. Die Fähigkeit, seine Muße klug auszufüllen, ist die letzte Stufe der persönlichen Kultur, und bislang haben sich nur wenige zu dieser Höhe emporgeschwungen. Zudem ist die Qual der Wahl schon unangenehm. Für Menschen ohne besonders starke Initiative ist es tatsächlich beruhigend, wenn ihnen vorgeschrieben wird, was sie mit jeder Stunde des Tages anfangen sollen, vorausgesetzt, dass das Anbefohlene nicht allzu unangenehm ist. Die meisten reichen Müßiggänger leiden unsäglich unter der Langeweile, die den Preis dafür bildet, dass sie aller Sorge um den Lebensunterhalt enthoben sind."

Bertrand Russel: Eroberung des Glücks, Neue Wege zu einer besseren Lebensgestaltung, Seite 143, suhrkamp taschenbuch 389, 1977 , ISBN 978-3-518-36889-3

Was für ein Glück, dass es heutzutage das Internet und die globale Vernetzung durch das smartphone und ähnliches gibt! Allerdings ist damit auch die Qual der Wahl noch größer geworden.



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