Vom "Wesen der Kunst" und vom "Wesen des Künstlers"
Zitat aus:
Wieland Schmied in Zusammenarbeit mit Jürgen Schilling: GegenwartEwigkeit, Spuren des Transzendenten in der Kunst unserer Zeit, Edition Cantz, 1990, ISBN 3-89322-179-4
Seite 20:
"Seit wir so etwas wie ein individuelles und autonomes Künstlertum
kennen, haben Maler und Bildhauer, Dichter und Komponisten, angerührt vom
Mysterium unserer Existenz, vorwärts getrieben von Enthusiasmus und Verzeiflung,
stets versucht, etwas von ihrer Vorstellung der Welt und des Menschen- und vielleicht
von ihrer Meinung über sie-, etwas von ihren zartesten und heftigsten Empfindungen,
von Liebe, Schmerz, Wut, Aufruhr und Resignation auszusagen, also der Quintessenz
ihres Daseins Ausdruck zu geben im Medium ihrer Kunst. Sie haben Dinge erkennbar
gemacht, unbekannten Erfahrungen Namen gegeben und verborgene Zusammenhänge
offenbar werden lassen; sie haben Sprache, Klänge, Melodien, Farben, Formen
in die Welt gebracht, die es vorher nicht gab und die wir, seit wir geschaffen
sind, nicht mehr missen können; sie haben uns erschüttert und besänftigt,
vernichtet und erhoben, verstört und sicher gemacht; sie haben uns sehen,
hören, fühlen, denken, die Welt und unss selbst wahrnehmen gelehrt;
wir leben von ihnen.
Dieses Kontinuum künstlerischen Tuns, das sich in seinen Antrieben und
seinen Zielen von Metaphysik und Religion oft nur schwer trennen lässt
und den Menschen erst in vollem Sinn zu einem geistigen Wesen macht, hat in
seiner Geschichtlichkeit gewiss ebenso Phasen der Stille wie der Höhepunkte
zu verzeichnen, aber es scheint mir trotz gravierender Einschnitte und Bruchstellen
nie gänzlich unterbrochen worden zu sein, ..."
In wieweit die hier beschriebenen "Versuche" des Künstlers und seines Werkes vom Erfolg gekrönt sind, mag der Betrachter und/oder Leser im konkreten Einzelfall für sich entscheiden. Ob das hier angebotene Zitat nicht vielleicht doch die realen Verhältnisse "überzeichnet", dazu mag er sich ebenfalls sein eigenes Urteil bilden.
"Weder ist ein Kunstwerk nur das schöne Produkt einer
Tätigkeit noch jedes schöne Produkt ein Kunstwerk. Es bedarf einer weiteren
Eigenschaft, die die Natur ohne den Menschen nicht enthält und die sicherlich
kein Tier wahrnimmt. Welcher? Des Menschseins selbst, insofern es nach der Welt
und sich selbst fragt, insofern es eine Wahrheit oder einen Sinn sucht, insofern
es forscht und deutet, ..."
Andre' Comte Sponville: Glück ist das Ziel: Philosophie der Weg, Seite 124, Diogenes, 2012, ISBN 978 3 257 24191 4