Ein allgemeiner Hinweis zur Interpretation

Bei einigen Plaketten und Medaillen erscheint es uns sinnvoll, noch allgemeine Hinweise zu möglichen Interpretationsbereichen-von Interpretationsrahmen also- zu geben. Dabei steht es natürlich dem Betrachter frei, sich- davon unabhängig- einen eigenen Rahmen zu wählen. Eine kurze Andeutung des Grundes für die Angabe von Interpretationsbereichen mag genügen: Vor einiger Zeit wurden in einer Fachpublikation [1] bei der Beschreibung eines Werkes von uns, zwei Details der Darstellung einer Medaille mit Fragezeichen und ziemlich merkwürdigen Vermutungen versehen. Aus dem Zusammenhang herausgegriffene Deutungen von Details und Vorschlägen dazu sind unserer Auffassung nach jedoch ziemlich sinnlos, geradezu schädlich, wenn nicht gleichzeitig eine sinnvolle Verknüpfung dieser Vermutungen in einem plausiblen Gesamtzusammenhang angeboten wird. Dem Betrachter einen zusammenhangloses Sammelsurium von vermuteten Puzzleteilen anzubieten, erschwert nur dem unvoreingenommenen Betrachter das Erstellen von sinnvollen Gesamtdeutungen, die sich dann auf ihn selbst beziehen. Sic tacuisses ... .

Interpretationen sagen häufig mehr über den Interpretierenden als über das der Interpretation zugrunde gelegte aus. Das ist gerade das Reizvolle an einer Interpretation.

Zusammengefasst: Wir halten die Kombination von Fragezeichen und absurden Vermutungen bei der Interpretation von Details, ohne diese Einzeldeutungen wenigstens prinzipiell nachvollziehbar zusammenzuführen, für ziemlich abwegig. Der Betrachter möge sich schließlich um seine eigene ganzheitliche Interpretation bemühen und sich nicht von Anderen durch ein zusammenhangloses Detailangebot von Interpretationen- zumal noch mit Fragezeichen versehen- verunsichern lassen- was die Bedeutung und Sinnhaftigkeit der Darstellung insgesamt angeht. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass sich die Darstellung auf ein ganz konkretes Thema bezieht.

Der unverbindliche Vorschlag von Interpretationsbereichen kann durchaus auch kritisch gesehen werden. Stellvertretend hierfür sei die Aussage eines Medaillenkünstlers zitiert: "... I don`t like the mix of two "languages" - literature and visual art. ... For me the main is how to say, than what to say."

Wir sind jedoch der Auffassung, dass es Themen gibt, bei denen Zusatzinformationen durchaus sinnvoll, ja zum Verständnis und zur angemessenen Beurteilung des Werkes geradezu notwendig sind. Wer etwa ein Werk betrachtet, dass sich auf ein Thema aus der Mythologie bezieht, ist wohl gut beraten, wenn er sich aus der Literatur noch Informationen zum Thema besorgt, sofern sie ihm noch nicht bekannt sind. Durch diese Verknüpfung von Form und Inhalt kann das Werk eine tragfähigere Basis für eine Interpretation und damit gleichzeitig einen größeren Sinn für den Betrachter gewinnen. Kann- muss aber nicht!!!

Auch ein Portrait, das die Charakterzüge einer Person wiedergeben soll, wird erst dann angemessen zusammen mit der "Leistung" des Künstlers beurteilbar, wenn externe Informationen zur dargestellten Persönlichkeit bekannt sind. So ein Portrait eines Anonymen kann zwar durchaus für sich selbst genommen auch beeindruckend sein und interpretiert werden- es gibt aber Situationen, in denen eine Zusatzinformation- ob durch Bild oder Text- durchaus sinnvoll sind.

Der "Mix der two languages - literature and visual art-" kann also nach unserer Auffassung situationsabhängig durchaus sinnvoll sein- letztlich kann dies der Betrachter des Werkes aber selbst für sich entscheiden.

Dabei muss aber unterschieden werden zwischen der Einbeziehung von Informationen zu konkreten Sachverhalten und mehr allgemeinen Hinweisen, die dem Betrachter lediglich einen Vorschlag zu möglichen Interpretationsbereichen liefern.

Sofern sich mehrere Betrachter im Gespräch bei einem Werk über ihre Eindrücke austauschen wollen- jenseits primär von Gefühlseindrücken- erscheint uns ein "Hintergrundwissen" -also der mix von "visual art" und "literature"- bei vielen Themenbereichen sehr empfehlenswert zu sein.

Wir haben jedoch den Eindruck, dass die reine Form, das Überraschende, das Neue, seit einiger Zeit die Bedeutung jedweden Inhalts sehr stark in den Hintergrund hat treten lassen. Das für uns Beruhigende- in dieser Auffassung sind wir jedoch nicht allein. Die Kunstpsychologie kann zum starken "Zurücktreten" des Inhalts oder gar seine vollständige Vernachlässigung für die Beziehung zwischen Werk und Betrachter einige Erkenntnisse liefern. [2]

 

[1] DIE KUNSTMEDAILLE IN DEUTSCHLAND, BAND 11,Seite 34, 2000, UNZE Verlag, ISBN 3-7861-2367-5

[2] Jens Rowold: Auf den Inhalt kommt es an; Reihe Psychologie-Kunst-Ästhetik, LIT- Verlag, 2001, ISBN 3-8258-5636-4

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